26 Oktober 2006

Wortliste

Kanalisation. Dem schwedischen Straßenbauamt (Vägverket) ist diese neue Erfindung unbekannt. Auf dem Weg zur Uni muß man quadratmetergroße Pfützen durchqueren, Durchmesser von 2m sind keine Seltenheit. Wenn man nach den z.B. in Deutschland verwendeten Abflußgullies Ausschau hält, wird man hier in Uppsala nur sehr selten fündig. Es wirkt fast, als hätte man hier noch nie Regen gehabt, und dabei regnet es schon seit 10 Tagen durchgehend.


Neun-Uhr-Bremse. Beweisstück A: Die letzten Vorlesung im Rahmen unseres "Functional Genomics"-Kurses (schwedish: Genomfunktion) war eine Gastvorlesung über die sogenannte Human Proteome Resource, über die ich bereits berichtet hatte. Die Dozentin hat uns erzählt, wie in Stockholm jeden Tag mindestens 15 neue Antikörper hergestellt werden (insgesamt sollen im Rahmen des Programms dreißigtausend Antikörper erzeugt werden). Diese werden dann nach Uppsala geschickt und verwendet, um - vereinfacht gesagt - Gewebeproben anzufärben. Damit will man herausfinden, welche Proteine im menschlichen Körper wo anzutreffen sind. Jeder Antikörper wird an 48 verschiedenen Gewebeproben getestet (jeweils in dreifacher Ausfertigung), an einer großen Menge von Tumorproben sowie an bestimmten Zelltypen, die für die Forschung interessant sind. Pro Woche werden 250 Experimente gemacht, pro Experiment 72 Gewebetypen gefärbt und fotografiert. Das ergibt insgesamt 3600 Bilder am Tag. Und damit die dann weltweit zugänglich sind, werden sie jede Nacht per Internet von Uppsala nach Stockholm übertragen (ca 200GB/Nacht).
Beweisstück B: Jeden Abend ab 21:00 Uhr wird der Internetzugang hier im Wohnheim unerträglich langsam.
Vermutung: Dieses Forschungsprojekt vermiest uns die abendliche Internetnutzung.


Sinnvolles Wissen: Vor unserer Abschlußklausur haben die Dozenten uns versichert, daß ihre Fragen nicht auf Details abzielen würden, sondern prüfen sollten, ob wir die Methoden verstanden haben und sie anwenden können. Wir haben eine "Beispielklausur" bekommen, die man mit etwas Nachdenken in 1,5 Stunden lösen konnte. Die echte Klausur sollte denselben Umfang haben. Und nun zur Wirklichkeit:
Die tatsächliche Klausur war vom Umfang her etwa dreimal so aufwendig wie die Beispielklausur. Schon die erste Frage hat den Ton angegeben: Eine Multiple-Choice-Frage mit zwölf Unterpunkten à fünf ankreuzbaren Antwortmöglichkeiten. Eine kleine Auswahl [in eckigen Klammern die von mir heute recherchierten Antworten]:
- Wie viele bakterielle Genomsequenzen sind im Moment verfügbar? [376]
- Wie viele Bakteriengenome werden im Moment sequenziert (d.h. sind noch nicht fertig)? [1003]
- Wie oft hat der Dozent in der Vorlesung am 2. September das Wort "Bakterie" verwendet?
Zugegeben, die dritte Frage habe ich mir ausgedacht, aber vom Prinzip her würde sie gut dazupassen.
Eine weitere äußerst nette Frage: "Wie würden Sie vorgehen, um (1) einen prokaryotischen Organismus zu finden, der ein thermostabiles, zelluloseabbauendes Enzym produzieren kann und (2) wie würden Sie dieses Enzym identifizieren? Beschreiben Sie ihr Vorgehen genau."
Wir Studenten sind uns einig, daß so etwas schon allein deshalb schwer zu finden sein dürfte, weil es im Lebensraum solcher Organismen (unterseeische heiße Quellen, zum Beispiel) einfach keine abbaubare Zellulose gibt. Abgesehen davon haben wir auch keine Methode gelernt, mit der so ein Enzym identifiziert werden könnte. Hoffentlich bekomme ich Punkte für meine einseitige Erklärung, warum das nicht geht.
Zur Illustration für die Nicht-Biologen: Eine ähnlich sinnvolle Frage wäre zum Beispiel: "Finden Sie das Gen, das Schweinen Flügel wachsen läßt. Die Schweine müssen bei Temperaturen von -40°C lebensfähig sein. Beschreiben Sie, wie sie die Suche organisieren."

1 Comments:

Blogger Ttox said...

und dabei sind das noch die einfachen Schweine. Schweine die wir wirklich brauchen (außer mir als Pflanzenfresser) sollten die Fluchtgeschwindigkiet der Erde selbstständig erreichen, ohne Sauerstoff zum Mas kommen und mit einem biologisch abbaubaren Airbag für die harte Landung ausgerüstet sein. Nicht der Rede wert sind die Temperaturunterschiede auf Sonnen und Weltraumseite.

Erst dann kommen die zukünftigen Astronauten in den Genuss von Frischen Fleisch.

;-)

27 Oktober, 2006 17:48  

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